Interview mit Peter Smit and Martijn Heijmans
In kurzer Zeit so viele Verhandlungserfolge wie möglich – das ermöglicht eine Supplier Convention. Das Konzept: Alle Lieferanten eines Kunden werden zu einer Tagung eingeladen, um gemeinsam Kosten zu optimieren. Ziehen in den Einzelgesprächen dann alle an einem Strang, wird das Geschäftsverhältnis gestärkt und es entstehen Win-Win-Situationen. Dass das auch digital klappt, hat Kloepfel Benelux im Projekt mit Thetford Ltd. bewiesen. Im Gespräch dazu sind Peter Smit (Kloepfel Benelux) und Martijn Heijmans (Procurement Services).
1. Grundsätzlich erklärt: Worum handelt es sich bei einer Supplier Convention?
Ziel einer Supplier Convention ist, dass man in so geringer Zeit und mit so vielen Lieferanten wie möglich gute Verhandlungen führt. Dazu werden die Lieferanten nacheinander und teilweise parallel in vorher terminierte Verhandlungsgespräche gebeten. Diese Gruppendynamik nutzen wir, um das beste Ergebnis für den Kunden zu erzielen. Dabei geht es auch – wenn nicht sogar vor allem – um die Lieferanten: Sie müssen sich respektiert fühlen und den berechtigten Anlass verstehen. Neun von zehn Lieferanten reagieren dann auch wohlwollend und offen, um den Weg für Einsparungen frei zu machen. Bei der digitalen Supplier Convention für Thetford Ltd. konnten wir so im direkten Einkauf erhebliche Einsparungen erzielen.
2. Wie funktioniert eine digitale Supplier Convention?
Es ist wichtig, die gemeinsamen Ziele und Bedingungen zu klären. Mit jedem Einkäufer von Thetford haben wir einzeln abgesprochen: Was sind beim jeweiligen Lieferanten die Ziele? Was sind die Walkaways? Die Teams bestanden dann aus dem Einkäufer von Thetford und einem Kloepfel-Kollegen einerseits, auf der anderen Seite dann die Entscheidungsträger der eingeladenen Lieferanten. Die Verhandlungen selbst haben wir durch parallellaufende Microsoft-Teams-Meetings umgesetzt: Es lief immer ein internes Meeting für Rücksprachen im Verhandlungsteam für unseren Kunden – und ein externes für die Verhandlung. Zwischen diesen virtuellen Räumen wurde dann laufend gewechselt, das ist auch keine Besonderheit gegenüber persönlichen Meetings. Auch dort gibt es „Breakout-Rooms“ für Besprechungen, wenn eine Partei sich intern besprechen möchte.
3. Wie hoch ist der Aufwand für den Kunden?
Natürlich bereiten wir uns gemeinsam mit dem Kunden vor, und das intensiv. Schließlich sollen die Verhandlungen später keine unerwarteten Überraschungen mit sich bringen – zumindest keine negativen. Weil der ganze räumlich-organisatorische Aufwand im Digitalen wegfällt, grob lässt sich sagen: Ca. ein Drittel des Aufwands fällt für den Kunden weg und man kann sich wirklich auf die Inhalte konzentrieren.
4. Welche Vorteile können Unternehmen durch eine digitale Supplier Convention erzielen?
Eine digitale Supplier Convention bedarf weniger Vorbereitung: Für ein persönliches Treffen braucht es Räumlichkeiten, Catering, Namensschilder, einen Empfang, einen Wartebereich, Rundführungen durch die Fabrik – alles Mögliche. Das fällt im digitalen Raum weg und man spart viel Kosten und Zeit. Die kann dann in die inhaltliche Vorbereitung fließen: Eine solide Darstellung des Anlasses für die Lieferanten, die sogenannte „Storyline“. Die gezielten Vorbereitungen auf die einzelnen Verhandlungen, die Lieferanten und ihre Bedürfnisse.
Die Leute brauchen außerdem nicht anzureisen. Das bedeutet, die Lieferanten können viel internationaler aufgestellt sein. Aber auch unser Kunde Thetford wäre in den UK derzeit schwer besuchbar gewesen. Außerdem braucht niemand nach der initialen Präsentation vor Ort zu warten, bis er dran ist, sondern wird danach zu seinem Termin in Teams aufgerufen und kann bis dahin normal weiterarbeiten. Beim persönlichen Treffen muss an dieser Stelle organisiert sein, dass die Leute etwas zu tun haben – bspw. ein Wartebereich, in dem sie Internetzugang und Strom für ihre Geräte haben.
5. Welche Erkenntnisse konnten aus der ersten Supplier Conventions mit Thetford gewonnen werden?
Dass es sich lohnt, wenn die Lieferanten zu 100% vorbereitet kommen. Das muss man ihnen vorher auch vermitteln: Entscheidungsträger müssen vor Ort sein und wissen, welchen Verhandlungsspielraum sie haben. So lassen sich Ergebnisse gleich fixieren. Dann, dass digitale Supplier Conventions eine extreme Effizienz mit sich bringen. Man steckt weniger rein und bekommt ein vergleichbares Ergebnis.
6. Wie haben Kunde und Lieferant die Supplier Convention empfunden?
Unterm Strich fanden es alle wirklich toll. Natürlich wollen die Lieferanten sich im Feedback auch positiv darstellen, sie sind schließlich Geschäftspartner – aber dass es auch den ein oder anderen kritischen Anklang gab, zeigt uns, dass das Feedback ehrlich war. Positiv nahmen die Lieferanten vor allem die zweite Phase war, in der wir sie bei der Optimierung ihrer Geschäfte beraten – so haben sie auf diesem Weg oft auch einen Gewinn.
7. Was war die größte Herausforderung und wie wurde diese gelöst?
Trotz der digitalen Distanz möglichst viel von Körpersprache und Mimik zu lesen und zwischenmenschliche Nähe zu schaffen. Smalltalk ergibt sich weniger von selbst, als wenn an persönlich beisammensitzt, deswegen muss man dort initiativer sein – so vermitteln wir auch unser ehrliches Interesse an den Menschen und ihrer Firma.
8. Wann bzw. unter welchen Bedingungen sollte man doch eher eine analoge statt einer digitalen Supplier Convention durchführen?
Bei unserem Kunden Nooteboom haben wir eine analoge Supplier Convention noch vor Corona durchgeführt. Außerhalb der Krise wäre das auch nach wie vor die erste Wahl, denn es gibt nur eine Niederlassung – mit 80% Prozent der Lieferanten in der Nähe. Wo aber viele – internationale – Lieferanten einbezogen werden sollen, die nicht vor Ort sind, und wo vor allem Kosten und Zeit gespart werden soll, bietet sich eine digitale Supplier Convention an.
Kontakt
Peter Smit
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