Zu Beginn dieses Jahres haben Marc Kloepfel und Duran Sarikaya, Geschäftsführer von Kloepfel Consulting, im folgenden Interview wichtige Ereignisse des vergangenen Jahres zusammengefasst. Dabei sprachen sie auch über Herausforderungen und Chancen für den Einkauf im Jahr 2022.
Wie hat das Jahr 2021 die Kloepfel Group besonders geprägt? Und welches Fazit zieht Ihr als Unternehmer aus 2021?
2021 war das Jahr der Lieferengpässe und enormen Preissteigerungen im Einkauf. Natürlich war das Jahr für viele Unternehmen weiterhin von Corona und daraus folgenden Restriktionen geprägt. Wir als Unternehmen haben im vergangenen Jahr weiter gelernt, unsere Arbeitsweise mehr und mehr der Zukunft anzupassen.
EPSA – Fortschritt mit neuem Eigentümer
Für die Kloepfel Group war 2021 natürlich ein ganz besonderes Jahr, weil wir unsere Unternehmensanteile an die französische EPSA Gruppe verkauft haben. Das war für uns beide als Geschäftsführer und bisherige Mehrheitsgesellschafter ein großer, aber im Nachhinein sehr richtiger Schritt. Die Kloepfel Group hat dadurch die Chance bekommen mit professionellen pan-europäischen Partnern deutlich schneller zu wachsen und seinen Weg zum deutschen Markt- und Qualitätsführer für Einkauf und Logistik noch weiter zu beschleunigen.
Anfangs spürten wir bei Kollegen und Kunden Unsicherheiten. So wurden uns viele Fragen gestellt. Wie geht es jetzt weiter? Sind wir beide morgen weg? Wird jetzt alles umgekrempelt? Wir glauben, dass sich diese Befürchtungen, die manche hatten, nicht bewahrheitet haben. Unsere Gruppe ist deutlich gestärkt aus der Fusion hervorgegangen. Für 2022 haben wir aber noch vieles vor, um noch mehr von der Partnerschaft mit der EPSA-Gruppe zu profitieren.
Vom Kostenoptimierer zum Krisenmanager im Einkauf
Auf Kundenseite sind wir mit dem Jahr zufrieden – wir haben viel positives Feedback erhalten. Aufgrund von Lieferengpässen und massiven Preissteigerungen, waren die Herausforderungen jedoch in vielen Bereichen andere als bisher.
Reine Kostenoptimierungsprojekte fanden mehr mit Fokus auf den indirekten Einkauf statt. Lieferengpässe, extreme Preissteigerungen bei Rohstoffen, Logistikengpässe und Logistikpreissteigerungen machten fast allen unseren Kunden zu schaffen – es wurden Anpacker benötigt, welche die Probleme beseitigen – jemand, der irgendwo noch Produkte findet, mitverhandelt oder Container kommissioniert, wo andere erfolglos aufgegeben haben. Hier konnten wir bei vielen Kunden durch Pragmatismus, unserem breiten und internationalen Lieferantennetzwerk, hoher Penetranz und Verhandlungsstärke sowie einem erfahrenen Logistik- und Sourcingteam stark punkten.
Aktuell sind wir für zahlreiche Unternehmen aus den unterschiedlichsten Industrien als Unterstützer und Krisenmanager tätig – darunter auch viele namhafte Unternehmen. So ist unsere operative Einkaufstruppe in der Slowakei z.B. auf über 50 Personen gewachsen, welche für über 30 Unternehmen operative Einkaufsunterstützung leistet. Neben der klassischen Kostensenkung im Einkauf, wollen wir auch in diesen Bereichen in den kommenden Monaten weiterwachsen.
Gestärkt durch die Krise
Dazu gehört für uns, dass wir mehr aus dem Homeoffice und deutlich stärker projektübergreifend arbeiten. Außerdem sind einzelne Personen für mehrere Projekte tätig. Dabei können wir Spezialisten über Projekte hinweg anders einsetzen als früher. Das heißt, wenn wir eine Spezialexpertise benötigen, kann der entsprechende Mitarbeiter heute in diesem Projekt und morgen in einem anderen sein. Das war vorher so nicht möglich, weil man immer präsent vor Ort war. Insofern hat sich unsere gesamte Arbeitsweise deutlich verbessert. 2020 war das für uns alles noch neu.
Attraktiver Job
Vorher war es schwierig, Kollegen länger als zwei oder drei Jahre für den Beraterjob zu begeistern. Familie, Freunde und das soziale Umfeld litten aufgrund der permanenten Abwesenheit. Dies ist nun anders!
Der Job bei Kloepfel Group ist deutlich attraktiver und abwechslungsreicher geworden. Trotz Arbeit in Kundenprojekten kann man teilweise zuhause sein und muss nicht mehr so viel reisen. Gleichzeitig ist das Arbeitspensum nicht höher als woanders. Diese Entwicklung hat uns sehr gutgetan. Das merken wir auf der Bewerberseite in Form von deutlich gestiegenem Kandidateninteresse. Gleichzeitig sind unsere eigenen Kollegen deutlich zufriedener.
Auch der Projektaufbau hat davon stark profitiert – zum Beispiel unsere Potenzialanalysen. Früher sind dafür zwei Experten zum Kunden gefahren und haben von morgens bis abends Gespräche geführt, bevor wir die Analyseergebnisse präsentiert haben. Heute strecken wir eine Potenzialanalyse über mehrere Tage, ohne allerdings netto länger daran zu arbeiten. Es können jedoch per Teams spezifische Experten dazu geholt werden, welche die Gespräche führen, direkt durch Know-How punkten und die Ergebnisse zusammentragen. Das Gleiche gilt auch für alle anderen Projekte.
Fazit aus 2021
Das Fazit ist sehr positiv. Unsere Umsatzziele wurden in den meisten Gesellschaften erzielt oder sogar übertroffen. Die geschilderten Veränderungen sind sehr gut für das Unternehmen und machen uns fit für die nächsten Jahre. Die Zusammenarbeit in der EPSA-Gruppe hat uns und unseren Kunden gerade in den Monaten der Lieferkettenprobleme stark geholfen. Es ist ein Unterschied, ob man auf ein Team von 300 oder 1.500 internationalen Experten zurückgreifen kann. Das Wichtigste, unsere Kunden geben uns durchweg positives Feedback – dies motiviert uns sehr für die kommenden Monate und Jahre!
Was kann der Mittelstand aus dem Jahr 2021 lernen?
Stichwort Lieferengpässe – hier mussten viele Unternehmen schmerzhaft lernen, wie wichtig Risikomanagement im Einkauf ist. Das heißt, zu wissen, in welchen Bereichen es Risiken mit den eigenen Lieferanten geben kann und was man im Eintrittsfall zu tun hat.
Das sind klassische Dinge, wie etwa eine Second-Source an der Stelle finden, wo komplette Abhängigkeiten von einem Lieferanten bestehen. Alternativ sollte auch versucht werden, Produkte im Engineering so zu definieren, dass auch mit anderen Lieferanten gearbeitet werden kann.
Zusätzlich ist zu überlegen, ob man bei den Lieferanten, bei denen Risiken herrschen, Lagerstrategien verändert. Also nicht nur Just in Time und Nulllagerbestand. Stattdessen Überlegungen anstellen, wie man sich gegebenenfalls breiter eindecken oder sogenannte Konsignationsläger mit Lieferanten aufbauen könnte.
Fachkräftemangel
Und ein ganz bedeutendes Thema ist die Einkaufsabteilung im Unternehmen. Viele Unternehmen haben das Problem, dass der Einkauf einfach arbeitstechnisch überfordert ist und es auf der anderen Seite keine passenden Einkäufer gibt oder nicht die Bereitschaft für Investitionen in den Einkauf besteht.
Hätten Unternehmen früher in ihren Einkauf investiert und mehr Einkäufer eingestellt, hätten sie heute auch andere Möglichkeiten. Es braucht gute Einkäufer, die sich um Lieferanten kümmern, also ein professionelles Lieferanten-Management und -Marketing betreiben.
Dafür ist es wichtig, den Einkauf vernünftig zu besetzen. Außerdem animieren wir Unternehmen, deutlich mehr in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter im Einkauf zu investieren. Den fertigen, gut funktionierenden Einkäufer, den ich einfach so einstelle, gibt es immer weniger. Es herrscht ein riesiger Fachkräftemangel für Einkäufer am Markt. Dadurch ist es besser, einen Mitarbeiter einzustellen, der vielleicht noch nicht der perfekte Einkäufer ist, ihn dann aber durch Schulungen entsprechend auszubilden.
Digitalisierung und Outsourcing
Digitalisierungsherausforderungen sind seit Jahren eine große Hemmschwelle für einen transparenten und gut funktionierenden Einkauf. Zuallererst Stammdatenmanagement! Die nötigen EDV-Systeme sind teilweise existent, aber nur halbherzig im Einsatz. Immer wieder scheitern unsere Kunden an den Daten, weil niemand da ist, der sich um das Einpflegen oder Harmonisieren der Daten kümmert.
Beispielsweise haben Unternehmen mit mehreren Standorten oft unterschiedliche Systeme, unterschiedliche Nummernkreise und unterschiedliche Bezeichnungen. Wenn das niemand harmonisiert, ist hoher Aufwand nötig, welcher zu hohen Kosten führt, um den Prozess zu vereinheitlichen. Im Ernstfall kann es nicht bewerkstelligt werden. Wir können nur immer wieder empfehlen, rechtzeitig in Digitalisierungsprojekte zu investieren.
Gleiches gilt für das Outsourcing gewisser Einkaufsfunktionen. Einkäufer sind Mangelware. Die Lösung sind operative Einkaufsdienstleister (wie z.B. die Kloepfel Services), welche für Unternehmen alle operativen Einkaufstätigkeiten übernehmen können. So können sich die Einkäufer im Unternehmen auf strategische Themen konzentrieren und somit sicherstellen, dass Lieferengpässe oder Preissteigerungen möglichst vermieden werden.
Welche Ratschläge möchtet Ihr mittelständischen Unternehmern mit ins neue Jahr 2022 geben? Auf welche Chancen und Risiken muss der Einkauf im neuen Jahr achten?
Der Megatrend Nachhaltigkeit wird die Zukunft prägen – daher setzen wir bei Kloepfel z.B. voll auf ESG im Einkauf (Environment, Social, Governance). Aktuell stellt dieses Thema viele Unternehmen, vor allem auch Mittelständler, vor große Schwierigkeiten.
Es ist sehr zeitintensiv, weil der Gesetzgeber viele Anforderungen stellt. Im Mittelstand haben sich die wenigsten Unternehmen hiermit bisher umfassend beschäftigt. Hier leistet unser ESG-Team gern Hilfestellung. Auch operativ werden wir hier gern für Sie tätig.
Instabile Märkte – Einkauf aufrüsten
Grundsätzlich glauben wir, dass die aktuellen Lieferschwierigkeiten und Preissteigerungen auch im Jahr 2022 weiterhin Bestand haben werden. Zumindest für die ersten zwei bis drei Quartale – insbesondere bei Elektronikteilen, Halbleitern, Seefrachten, Energie und Gas, Metallen sowie Kunststoffen.
Man sollte sich immer wieder vor Augen führen, dass die globale Welt nicht mehr so ist, wie sie vor einigen Jahren oder Monaten gedacht wurde. Es gibt Risiken und ich muss mich als Mittelständler mit diesen Risiken beschäftigen. Auch politische Instabilitäten sind hier verstärkt ins Kalkül zu ziehen (China, Taiwan, Ukraine, Kasachstan, etc.). Darüber hinaus beherrschen auch ökonomische Themen wie Inflation oder Währungsschwankungen das Tagesgeschäft des Einkaufs.
Das sind problematische Tendenzen, die langfristig Bestand haben werden. Deswegen sind Risiko-Absicherung, alternative Lieferanten, globale in Kombination mit lokaler Beschaffung ganz wichtige Schlagworte. Diese Themen müssen Unternehmen so schnell wie möglich angehen und auf keinen Fall aufschieben.
Technologischer Fortschritt. Enger mit Lieferanten an Innovationen und Produktoptimierung arbeiten
Die engere Kooperation mit Lieferanten hinsichtlich technologischer Entwicklungen ist ein weiteres Thema, auf welches wir schon seit Jahren hinweisen. Der Lieferant sollte als ein Partner angesehen werden, mit dem man Entwicklungen gemeinsam angeht. Schließlich kennt der Lieferant das Vorprodukt am besten und ebenfalls seine Liefermärkte. Man kann auch mit mehreren Lieferanten gemeinsam arbeiten, gemeinsam beschaffen und gemeinsam Marktunsicherheiten verhindern.
Zu den genannten Trends kommt der große Themenblock „Fachkräftemangel, Outsourcing, Digitalisierung“ als vierter Megatrend. Hier möchten wir uns nicht wiederholen, aber dies wird uns auch in 2022 maßgeblich beschäftigen.
Der Einkäufer sollte zunehmend als strategischer Partner gesehen werden, der Lieferantenbeziehungen aufbaut. Er sollte, wie eben beschrieben, Entwicklungen gemeinsam mit Lieferanten anstoßen. Außerdem sollte er neue Lieferanten finden, Trends sehen und sich mit Risikomanagement beschäftigen. Der Ruf des Einkaufs muss dringend verbessert werden. Das ist in vielen Unternehmen leider noch immer nicht angekommen.
Welche Ziele setzt sich die Kloepfel Group für 2022?
Gemeinsam mit der EPSA-Gruppe wollen wir weiter daran arbeiten, europaweit der klare Qualitätsführer für alle Fragestellungen in Einkauf und Logistik zu werden.
Wir möchten uns in diesem Jahr noch wesentlich globaler aufstellen und neue Beratungsprodukte wie z.B. ESG/Green Procurement in Einkaufsabteilungen etablieren. Wir verfügen über einen sehr breiten Erfahrungsschatz, welchen wir noch weiter schärfen, in neue Produktideen übertragen und marketingtechnisch pushen wollen. Auch werden wir unseren gesamten Unternehmensauftritt neu aufstellen
Im Recruiting planen wir zahlreiche Initiativen, um noch mehr kluge Köpfe und Experten an Bord zu holen. Bereiche wie unser Sourcingcenter, unser Logistikteam, unser operatives Outsourcing-Center, unsere indirekten Themenexperten sowie unser Re-Engineering-Team sollen weiter gestärkt und noch schlagkräftiger aufgestellt werden.
Die Kloepfel Group ist eben nicht nur der Kostenoptimierer, sondern auch der Partner für Prozesse und Strukturen. Zusammengefasst: der Partner für alle Fragestellungen in Einkauf und Logistik.
Vielen Dank für das Interview!
Kontakt:
Kloepfel Group
Christopher Willson
Tel.: 0211 941 984 33
Pempelforter Str. 50
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Mail: rendite@kloepfel-consulting.com