Wie der Einkauf erfolgreich mit der Teuerung umgeht
Autor Thomas Wandler, Senior Partner bei Kloepfel Consulting
Ob Strom, Baumwolle oder Holz, fast alles, was Unternehmen für Produktionsprozesse benötigen, wird derzeit teurer. Das hat in vielen Fällen zur Folge, dass die eigene Marge empfindlich schrumpft. Unvermeidbar ist diese Entwicklung aber nicht. Denn durch die richtigen Maßnahmen im Einkauf können Sie gegensteuern. Manchmal gelingt es sogar, den Spieß umzudrehen. Dann wird die Inflation vom Margenfresser zum Margenmotor.
Hier erhalten Sie Tipps, wie Sie dabei richtig vorgehen und welche Weichenstellungen im Einkauf besonders wichtig sind.
Der Einfluss der Inflation auf verschiedene Branchen – Beispiele
Spurlos geht die Inflation an keiner Branche in der DACH-Region vorbei. Allerdings wirkt sie sich unterschiedlich aus. So beeinflussen unter anderem Eigenschaften wie die Größe und Marktmacht von Unternehmen, wie gut es ihnen gelingt, gestiegene Kosten abzufedern beziehungsweise weiterzureichen.
Hier ein paar Beispiele:
- Textilindustrie: Die Tatsache, dass Preise auf Kleidung und Accessoires vielerorts noch unverändert geblieben sind, hat vor allem einen Grund: Rohstoffe wie Baumwolle werden in der Textilindustrie weit im Voraus gekauft.
Dennoch werden sich auch hier die immer höheren Kosten für Material, Energie und Personal bemerkbar machen. Für Anbieter von Luxusartikeln und Slow Fashion ist das weniger ein Problem. Denn ihre Kunden bleiben ihnen oft auch bei Preissteigerungen treu. Anders sieht es im Fast-Fashion-Bereich aus.
- Nahrungsmittel: Große Food-Konzerne wie Nestle oder Unilever haben ihre Produkte bereits deutlich verteuert. Dabei lässt sich auch in diesem Segment beobachten, dass sich Preissteigerungen vergleichsweise wenig auf den Absatz besonders teurer Nahrungsmittel auswirken.
- Pharmaindustrie: Weil Medikamentenpreise in vielen Ländern staatlich reguliert sind, können Pharmaunternehmen gestiegene Kosten nicht einfach an ihre Kunden weitergeben. Teils profitieren sie jedoch von langfristigen Vereinbarungen mit Lieferanten. Mit entscheidend für die Zukunft wird sein, wie sich die Lohnkosten entwickeln.
- Baubranche: Kaum eine andere Branche hängt derart von den Kosten und der Verfügbarkeit von Materialien ab wie die Baubranche. Ob und inwieweit sich hier Preissteigerungen kurzfristig weitergeben lassen, hängt vom Gewerbe sowie der eigenen Stellung am Markt ab.
Das können Unternehmen tun, um ihre Margen zu schützen
Wenn die Kosten für Rohstoffe, Personal und Energie steigen, sind Preiserhöhungen unausweichlich. Aber je nachdem, wann und wie diese durchgeführt werden, gleichen sie oft nur einen kleinen Teil der Mehrkosten aus.
Bleibt Unternehmen also nur, sich mit sinkenden Margen zu arrangieren und auf bessere Zeiten zu warten? Glücklicherweise nicht. Durch eine geschickte Einkaufspolitik können Sie Umsatzeinbußen auch während der Inflation vorbeugen.
Besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind die folgenden Maßnahmen:
1. Prozesse beschleunigen
Während einer Inflation geht alles sehr schnell. Es besteht das Risiko, dass die Preise ihrer Angebote von heute morgen schon überholt sind.
Beschleunigen Sie deshalb ihre Vertriebsprozesse. Sorgen Sie dafür, dass der Verkauf Angebote erstellen kann, die den aktuellen Wiederbeschaffungspreisen entsprechen. Analysieren Sie Preistrends in kurzen Abständen, damit der Vertrieb schnell agieren und Preisrunden bei Kunden einläuten kann. Versuchen Sie, sich vor die Welle zu setzen anstatt ihr hinterherzulaufen. Reibungslose Informationssysteme spielen dabei eine zentrale Rolle.
Tipp: Für Analysen empfiehlt es sich, Trendblätter zu erstellen, die die vergangene und die für die Zukunft erwartete Preisentwicklung abbilden. Berücksichtigen Sie dabei indirekte Beschaffungsthemen wie Transportkosten.
2. Mit Lieferanten gemeinsame Lösungen suchen
Selbst bei einer günstigen Entwicklung wird die Inflation wohl noch eine ganze Weile anhalten. Am besten stellt sich der Einkauf darauf ein und verhandelt mit Lieferanten, ob zusätzliche Kosten an ein Stück weit kompensiert werden können, zum Beispiel durch optimierte Lieferbedingungen. Nutzen Sie Optionen, steigende Kosten aufzuteilen. All das klappt natürlich nur, wenn der Einkauf proaktiv vorgeht und nicht zu sehr aus der Defensive agiert.
3. Auf Basis von Wiederbeschaffungskosten kalkulieren
Stellen Sie die Preiskalkulation um, sodass sie nicht mehr auf historischen Beschaffungskosten, sondern auf Wiederbeschaffungskosten fußt. Auch in diesem Zusammenhang ist es entscheidend, Preissteigerungen regelmäßig und gründlich zu analyiseren.
4. Enge Abstimmung zwischen Einkauf und Vertrieb installieren
Sorgen Sie für eine reibungslose Abstimmung zwischen Einkauf und Vertreib. Je enger beide während der Inflation zusammenarbeiten, desto besser. Zum Beispiel kann der Einkauf den Vertrieb mit fundierten Marktkenntnissen unterstützen. Er kann ihm schlüssige Argumente an die Hand geben, um Preiserhöhungen überzeugend zu vertreten und dafür zu sorgen, dass Kunden sie akzeptieren.
5. Externe Unterstützung holen
Expertenwissen von außerhalb hilft, Trends zu analysieren und Prozesse zu straffen. Außerdem profitieren viele Unternehmen von einer Beratung zur Argumentation von Preiserhöhungen. Schließlich haben die meisten Verantwortlichen heute wenig bis keine Erfahrung mit einer Situation wie dieser. Denn glücklicherweise ist die letzte vergleichbare Inflation schon einige Jahrzehnte her.
Wie viel der gestiegenen Kosten können Unternehmen an Kunden weitergeben?
Die Antwort ist: Es kommt darauf an – nicht zuletzt darauf, wie Ihr Unternehmen und speziell Ihr Einkauf mit der aktuellen Situation umgeht. Reagieren Sie schnell und gelingt es Ihnen, Kostentreiber und Preistrends vorausschauend zu analysieren, eine transparente Preispolitik zu installieren und Preiserhöhungen Kunden gegenüber mit schlüssigen Argumentationsketten zu untermauern, so haben Sie eine andere Ausgangslage als wenn Sie der Entwicklung hinterherlaufen und mit verzögerten und überallartigen Preissteigerungen in Verhandlungen gehen.
Fazit – die richtige Einkaufspolitik macht den Unterschied
Die Inflation ist eine große Herausforderung, speziell für mittelständische Unternehmen. Dabei gibt es Möglichkeiten, zu verhindern, dass die Teuerung die eigenen Margen auffrisst. Mit der richtigen Einkaufspolitik können Sie die Auswirkungen abfedern. Manchmal gelingt es so nicht nur, die eigenen Margen zu schützen, sondern sogar, sie zu steigern, und das inmitten schwieriger Zeiten.
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