Auch Anfang 2021 nahmen sich Marc Kloepfel und Duran Sarikaya, Geschäftsführer von Kloepfel Consulting, die Zeit, das Jahr 2020 Revue passieren zu lassen und sich an die Höhen und Tiefen dieses für viele Unternehmen besonderen Jahres zu erinnern. Dabei sprachen sie auch über ihre Ziele und Vorsätze für das neue Jahr und gaben Einkäufern im Mittelstand wichtige Tipps, die in diesem Jahr von besonderer Bedeutung sind.
Welche Faktoren haben das Jahr 2020 für die Kloepfel Group besonders geprägt? Und welches Fazit habt Ihr als Unternehmer daraus gezogen?
Das prägendste Ereignis 2020 war natürlich die Corona-Pandemie, die uns als Unternehmen genauso unerwartet getroffen hat, wie wahrscheinlich auch viele weitere Unternehmen. Wir hatten glücklicherweise relativ lange Verträge, wodurch wir nicht unmittelbar in den Monaten März und April einen großen Auftragsrückgang erlitten. Zur Sommerzeit bemerkten wir allerdings, dass Kundenanfragen auch mal ausblieben. In den Monaten August und September stieg die Anzahl der Aufträge dann wieder an.
Prägend war auch, dass wir uns als Unternehmensgruppe dem Markt der Schutzmasken angeschlossen haben. Im Zuge von Großaufträgen für Bund und Länder haben wir hierbei mehrere Millionen Masken beschafft. Darüber hinaus haben wir uns besonders mit dem Thema Lieferanten-Neuaufbau befasst und ein entsprechendes Team zusammengestellt, welches sich ausschließlich mit der Suche nach neuen Lieferanten auf globaler Ebene beschäftigt. Dadurch konnten hohe Einsparungen der Kosten für Unternehmen durch neue Lieferanten erzielt werden. Auch unsere Supplier Conventions konnten wir weiter ausbauen und haben sie teils rein digital durchgeführt, da sich bekanntlich mehrere Personen verschiedener Unternehmen vorerst nicht mehr in einem Raum aufhalten dürfen. Die digital erzielten Einsparungen standen dem analogen Format in nichts nach.
Zusammengefasst war das Jahr 2020 ein herausforderndes Jahr und wir haben wie viele andere Unternehmen gelernt, im Homeoffice unsere Arbeit zu vollbringen und digitale Tools wie beispielsweise Teams in unserem Unternehmensalltag einzusetzen, um weiterhin gute Ergebnisse und hohe Einsparungen zu erzielen. Wir sind mit der Situation im Nachhinein betrachtet gut umgegangen, haben uns auf weitere Felder konzentriert und unser Geschäftsmodell weiterentwickelt. Wir sind überzeugt, dass wir aus dem Jahr 2020 gestärkt rausgehen und die neuen Methoden, die wir uns angeeignet haben, im neuen Jahr 2021 gut anwenden und langfristig von den Erkenntnissen profitieren können.
Was kann der Mittelstand aus dem Jahr 2020 lernen?
Wir vermuten, es werden auch viele weitere Unternehmen das Thema Digitalisierung weiterhin ausbauen, so wie wir, so dass sie mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten über digitale Tools kommunizieren und verhandeln können. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiter mehr aus dem Homeoffice arbeiten können. Dies sind Punkte, die die deutsche Wirtschaft aus meiner Sicht langfristig prägen werden. Daraus werden diverse Vorteile entstehen, wie etwa zufriedenere Mitarbeiter und eine niedrigere Fluktuation, wenn der Mitarbeiter öfter bei der Familie sein kann. Wir denken, gerade das ist ein großartiges Thema für die Zukunft im Mittelstand.
Sicherlich wird auch eine fundierte Absicherung für die Unternehmen gefragt sein. Alternativen bereitzuhalten, wenn Grenzen geschlossen werden, dass das Unternehmen unabhängiger von den Lieferanten wird und alternative Lieferanten von unterschiedlichen Märkten in Betracht zieht. Dies ist ein Thema, das viele nun schmerzhaft erkennen mussten, um sich zukünftig zu überlegen, mit welchen Lieferanten kooperiert werden sollte – wo deren Sitz liegt, welche Risiken in der Supply-Chain aufzufinden sind und wie man sicherstellen kann, dass diese Risiken auf ein Minimum reduziert sind.
Welche Ratschläge möchtet ihr mittelständischen Unternehmern mit ins neue Jahr geben?
Wir glauben, 2020 konnte man viel lernen und viele Unternehmen haben sich komplett neu aufgestellt. Daher vermuten wir stark, dass mit 2021 der Tiefpunkt überwunden ist und es ein insgesamt positives Jahr werden wird, auch wenn die ersten Monate noch etwas schwer erscheinen werden. Natürlich wird es auch noch etwas länger dauern, bis wir das Coronavirus überwunden haben, aber aus der Krise heraus sind großartige Produkte entstanden. Gerade innovative Unternehmen können aus der Krise vieles lernen und werden dieses Wissen im neuen Jahr anwenden.
Was wir ganz klar mitgeben möchten: Die Zeit der überhitzten Lieferantenmärkte, wie sie 2018 und 2019 herrschte, ist vorbei und die Preise der Rohstoffe sind stark gefallen. Lieferanten suchen dringend neue Aufträge, wodurch sich besonders im Einkauf die Möglichkeit bietet, Preisreduzierungen durchzuführen oder neue Lieferantenbeziehungen aufzubauen. Vor der Corona-Pandemie erwies sich dieses Thema als sehr schwierig, weil keine Lieferanten mehr liefern konnten oder wollten. Wegen der neuen Situation hat sich dies geändert und Lieferanten haben neue Kapazitäten. In manchen Ländern ist die Lage besonders dramatisch, so dass man besonders jetzt die eigene Supply Chain neuaufbauen sollte. Dabei sollte man neue, günstigere und qualitativ hochwertigere Lieferanten aufnehmen, die kürzere und flexiblere Lieferzeiten in der Supply Chain anbieten. Daher geben wir den Ratschlag sich auf diese Themen zu fokussieren, bei denen wir als Beschaffungsdienstleister natürlich auch unterstützen möchten.
Auf welche Chancen und Risiken müssen Einkäufer im neuen Jahr 2021 achten?
Eine bereits erwähnte, große Chance des Einkaufs besteht darin, dass sich preislich und qualitativ neue Lieferanten finden lassen, die daran interessiert sind, neue Angebote abzugeben und neue Kunden zu gewinnen. Eine weitere große Chance ist die höhere Verfügbarkeit von neuen Mitarbeitern. Leider haben einige Menschen ihren Arbeitsplatz verloren und sobald die Kurzarbeit in den Unternehmen ausläuft – was im Jahr 2021 geschehen wird – werden erneut viele Unternehmen Kündigungen aussprechen müssen. Dadurch wird mehr Personal zur Verfügung stehen und Unternehmen, die zuvor Schwierigkeiten hatten, Mitarbeiter zu finden, bieten sich Möglichkeiten, gute Manager und Einkäufer sowie Produktionsleiter einzustellen.
Diesen Chancen steht als Risiko ganz klar das Coronavirus gegenüber, welches uns auch in den nächsten Monaten noch begleiten wird. Für Unternehmen besteht weiterhin die Gefahr, dass ein Mitarbeiter der Produktion infiziert werden könnte, sodass diese stillgelegt werden muss. Lieferanten sind an vielen Stellen noch immer sehr fragil, was zu vielen Insolvenzen in der Supply Chain führen könnte. Das sollten Unternehmer und Einkäufer rechtzeitig im Blick haben und sich fragen: „Was passiert, wenn ein Lieferant an bestimmten Stellen wegbricht? Habe ich eine Alternative? Sollte ich diese direkt aufbauen?“ Ebenfalls können Kundenaufträge wegfallen. Die Marktsituation ist nach wie vor instabil und wird im ersten Halbjahr 2021 für diverse Unternehmen ein Problem sein. Gar nicht zu reden von den Branchen wie Tourismus oder Hotellerie und Restaurants, die nach wie vor komplett eingeschränkt sind und so gut wie gar kein Geschäft haben.
Welche Ziele setzt sich die Kloepfel Group für das kommende Jahr?
Ein ganz großes Ziel ist natürlich, wieder deutlich mehr Einkaufsoptimierungsgeschäfte für unsere Kunden durchzuführen. Wir merken, dass aktuell ein großes Interesse an dieser Dienstleistung besteht, weil wir viele Anfragen erhalten und Gespräche führen, die wir in Aufträge für unsere Gruppe umwandeln möchten. In der Einkaufsoptimierung erwarten wir bei der Kloepfel Consulting daher einen besonderen Schub, auch im Aufbau neuer Lieferanten und dem Einsatz der Supplier Convention. Wir gehen von einem deutlichen Mehrumsatz aus, mindestens 25% gegenüber 2020, und wollen diese Mittel investieren. Das heißt, wir planen neue Mitarbeiter einzustellen und mit der Kloepfel Consulting weiter zu wachsen.
Parallel dazu ist ein weiteres wichtiges Feld das Outsourcen von Einkaufsleistungen. Auch hier möchten wir deutlich wachsen und unsere Niederlassung in der Slowakei weiter vergrößern. In dem Sinne bauen wir das Angebot weiter aus, insbesondere mit digitalen Tools, denn auch im Outsourcing merken wir, dass Unternehmen flexibler sein wollen. Gerade Corona hat Unternehmern verdeutlicht, dass es nicht gut ist, jeden Mitarbeiter selbst einzustellen, sondern mit verschiedenen Outsourcing-Dienstleistern zusammenzuarbeiten. Genau das bietet Kloepfel Services an, entsprechend erwarten wir auch hier 2021 ein deutliches Wachstum.
Last but not least die Kloepfel Engineering, die Wertanalysen und Produktstandardisierungen anbietet. Diese waren auch während der Krise ein großes Thema, da sie Möglichkeiten zur Kostenoptimierung schaffen, ohne dass Mitarbeiter freigesetzt werden müssen. Auch die Anschaffung neuer Maschinen kann vermieden werden. Stattdessen wird am Produkt selbst sowie am Einsatz der Materialien und an der Standardisierung gearbeitet, um so noch deutlich höhere Kosten zu optimieren als nur über den Einkauf, wo bereits einiges möglich ist. Im Engineering jedoch lassen sich noch deutlich größere Einsparungen erzielen, weswegen wir auch diese Einheit 2021 erweitern wollen.
Abschließend bleibt zu sagen, dass wir unseren Kunden und Partnern ein frohes neues Jahr wünschen und uns bereits auf die Zusammenarbeit und Herausforderungen in den kommenden zwölf Monaten freuen.
Vielen Dank für das Interview!